Westküste Portugal
Es ist 07:00 Uhr und gleich geht die Sonne auf. Einer der seltenen, schönen Momente: Die Crew schläft noch und der Kaffee schmeckt wunderbar, wenn man ihn im Cockpit bei langsam kommendem Tageslicht genießen kann.
Das Wetter ist gut: Blauer Himmel, Sonne satt, leichte Brise aus N, NE und gestern etwas E.
Die nächsten Tage soll es so bleiben.
Leider stehen jetzt doch alle auf, pünktlich zum Sonnenaufgang in ein paar Minuten 🙁
Vielleicht war der Kaffeeduft auch zu verlockend.
Nachdem wir die Westküste mit Stopps in Cascais zum Crewwechsel und Troia/Setúbal sowie einem großen Schlag über Nacht um Cabo São Vicente hinter uns gelassen haben, liegen wir das erste Mal seit Irland mal wieder in einer Ankerbucht. Feiner Sandstrand vor uns, ansonsten die Felsen der Algarve. Der Schwell aus SE ist auszuhalten und sorgt für nasse Klamotten gestern beim Anlanden mit dem Dinghi. Anders als in Grönland oder Jan Mayen bei 18° C Wassertemperatur muss diesmal keiner frieren und kann sein Bier trotz nasser Klamotten in der Bar über den Klippen genießen.
Was kann ich über Cascais und Setúbal berichten. Wenig, ich habe nur kurze Landgänge gemacht. Das Seebad Cascais war selbst um diese Jahreszeit noch voller Touristen und am Wochenende konnte man auch tagsüber viele Portugiesen in der Stadt flanieren sehen, zum Shopping oder Essen gehen, die Spielplätze sind voller Kinder.
Was mir aufgefallen ist nach Irland und vier Wochen Azoren: Unglaublich viele teure, große und neue Fahrzeuge verstopfen die Straßen. Immerhin sind auch einige mit E-Antrieb dabei. Hier wird, wie es sich für ein Seebad gehört der Wohlstand ausgeführt.
Vielleicht kommt mir das aber auch nur nach den Azoren so extrem vor. Dort war alles etwas bescheidener und große SUV wären eh nicht über die Straßen und durch die engen Gassen gekommen.
Sehr schön waren in beiden Orten die Altstadtgassen und Häuser. Helles Kopfsteinpflaster und Keramikfliesen an den Fassaden. Es gibt so viele schöne Details zu entdecken.
In Setúbal liegen wir auf der gegenüberliegenden Flussmündungsseite in der Marina Troia. Blendet man das Ferienresort um sich herum aus (ist eh zurzeit völlig leer), ist man von einsamen Sandstränden und Natur umgeben. Von der Marina sind es 15 Minuten mit der Fähre in der Stadt. Eine angenehme Kombination.
In Setúbal ist mein wichtigstes Ziel neben den engen Altstadtgassen die Markthalle. Das Angebot an Obst, Gemüse, Fisch und Backwaren begeistert uns. Helga, Wilfried und ich schlagen zu, die Taschen und Rucksäcke füllen sich schnell.
Heute, drei Tage später, ist fast alles aufgegessen.
Inke und Wilfried kochen in Troia Cataplana zum Abendessen. Die Fischsuppe mit Huhn, Muscheln und Garnelen ist unglaublich lecker. Wir haben uns als Fisch unter anderem Seeteufel gegönnt (sehr leckeres, festes Fleisch). Ich hätte auf die Miesmuscheln verzichten können, aber gehört halt dazu.
Zum Nachtisch gab es noch Gebäck vom Markt.
Gestern haben wir den „Stängelkohl“ probiert, kannten wir alle noch nicht. Mit Knoblauch, Zwiebeln und etwas hineingeschummelten Chayenne Pfeffer war er sehr lecker zum Kartoffelpüree.
Außerdem wurde bei dem reichhaltigen Obstangebot die alte Tradition an Bord „Obstsalat zum Frühstück“ wieder wiederbelebt.
Nachdem die Meldungen über Orca Attacken, die ich auf den Azoren gelesen habe, hauptsächlich aus der Gegend „Straße von Gibraltar“ kamen, musste ich in Cascais feststellen, dass es auch aktuelle Attacken in der Nähe von Lissabon und am Cabo São Vicente gibt. Die Nachtfahrt versprach also spannend zu werden. Wir hatten aber Glück, außer mehrmals Delfine, die uns besuchen, sichteten wir keine Meeressäuger. Auch die anderen Yachten, die in der Nacht unterwegs waren scheinen keine Kontakte zu Orcas gehabt zu haben. Tagsüber hat man schon wenig Vorwarnzeit, nachts kommt eine Attacke vermutlich ziemlich plötzlich. Vorsichtshalber blieb bei uns das centreboard (Schwenkkiel) oben und das deggerboard (Schwert) zum Schutz des Ruders unten.
Text: ULI