Wir haben einen Stopp auf Santiago eingelegt. Die Hauptstadt Praia meiden wir, keiner an Bord hat Lust auf „Großstadt“. Abwechslungsreich soll die Insel Santiago sein, deshalb ankern wir vor Tarrafal im Norden.

Südlich des Ortes gibt es ein ehemaliges Konzentrationslager (Campo da Conzentração). Die Original Gebäude sind erhalten und jetzt Museum mit Informationszentrum (Meseu da Resistência). Die Kap Verder nennen es das „Lager des langsamen Todes“.

Unser Reiseführer an Bord nennt es „Beklemmender Blick zurück“.

Und es ist wirklich beklemmend. 

Portugal hat hier in einer ersten Phase von 1936 bis 1956 politische Gefangene wie z.B. Aufständige, portugiesische Antifaschisten und Regimegegner darunter Bento Goncalves und Mario Castelhano, Führer der PCP und der CGT (beide starben im Lager), untergebracht. Die Gefangenen mussten das Lager (z.T. Holzhütten) selbst mit bauen, die jetzt zu sehenden Steingebäude wurden später errichtet.

Das Lager wurde 1962 unter dem Namen Arbeitslager Chão Bom wiedereröffnet und dort Antikolonialisten und Antifaschisten aus Angola, Guinea-Bissau und Cabo Verde inhaftiert.

Die Gefangenen der verschiedenen Länder wurden getrennt untergebracht, so dass keinen Kontakt untereinander hatten. Zeitschriften und Briefe wurden zensiert. Mit Foltermaßnahmen wurden Aufstände unterdruckt.

Erst mit der Nelkenrevolution 1974 in Portugal und damit dem Ende des Salazar Regimes wurde das Lager aufgelöst.

Zu den Haftbedingungen, insbesondere in der ersten Phase des Lagers lesen wir folgende Berichte:

  • Es gab nur wenig, oftmals mit Tierfäkalien verseuchtes und brackiges Trinkwasser. Es musste aus 700 m Entfernung aus einem Brunnen zum Lager transportiert werden.
  • Eine besonders oft praktizierte Foltermethode war die Frigideira, eine 9 m2 große Zelle ohne Fenster und ohne Dach, in der bis zu 17 Gefangene untergebracht wurden und die der gnadenlosen Sonne ausgesetzt waren. Bis zu 70 Tage am Stück konnte diese Maßnahme verhängt werden. Nach der Ächtung der Praktik wurde die Frigideira durch eine dunkle, winzige Isolationshaft Zelle „Holandinha“ (Little Holland) ersetzt. 
  • Die Ernährung war sehr schlecht. Die Gefangenen berichteten, dass sie sich die Nase mit Brotbrocken verstopften, damit sie den Gestank des Essens beim Essen nicht riechen mussten. Der Ekel war ansonsten zu groß.
  • Es gab faktisch keine ärztliche Versorgung. Dies war auch nicht vorgesehen. Der Arzt Arzt Esmeraldo Pais da Prata wird mit folgenden Worten zitiert: „Não estou aqui para curar, mas para assinar certiões de óbitos.“
    (“Ich bin nicht hier, um zu heilen, sondern um den Tod zu bescheinigen.“)

Es starben 36 Portugiesen und 2 Guineer im Lager.

Das Lager wurde 2006 zum nationalen Kultererbe erklärt und später auch in die UNESCO Liste der Weltkulturerbe aufgenommen.

Wer mehr dazu lesen möchte:

https://whc.unesco.org/en/tentativelists/6102

https://en.wikipedia.org/wiki/Tarrafal_concentration_camp

Text: Helga, Pami, ULI