Mi 03.07.

Wir kommen bei bestem Wetter in Ilulissat (Jakobshavn) an und überreden einen Taxifahrer unser vieles Gepäck und uns zum Fischereihafen zu fahren, wo ANUK am Pier der Fischfabrik festmachen konnte. Es ist ein vertrautes Gefühl, wieder an Bord zu sein. Die Begrüßung mit Uli ist herzlich. Da das Wetter sehr schön ist, entschließen sich Yannick, Niko und ich zu einer Wanderung am Icefjord Center vorbei zum Isfjord Kangia zu wandern. Ich stehe wie vor einem Jahr gebannt vor den auf der See vorbeiziehenden Eismassen. Endlich wieder Eisberge. Welch eine Szenerie. Wir folgen der Küstenlinie, bis der Weg in die Berge abbiegt. Wie queren einzelne kleine Schneefälle, und das auf nahe Meereshöhe Anfang Juli, das ist Grönland. Wieder eine tolle Wanderung über 10 km. Wir haben einen gemütlichen Abend bei einem gut gewürzten Maiseintopf mit frischem Salat, eine willkommene Abwechslung. Eine Runde von dem mitgebrachten Whiskey Highland Park aus Orkney bildet den Abschluss eines schönen Tages.

Do 04.07.

Die Nacht war unruhig, Olaf und ich liegen im Vorschiff, und Olaf hat kräftig geschnarcht. Um vier Uhr ziehe ich in den Salon um. Dort ist die Ruhe aber auch schnell vorbei, da Astrid und Uli um 6.30 Uhr aufstehen. Taz-Lesen bis die anderen sich zum späten Frühstück versammeln. Dann gehen wir gemeinsam einkaufen bis auf Olaf, der durch das nächtliche Schnarchen so erschöpft ist und sich wieder hinlegt. Es macht eine französische Stahlyacht neben uns fest, wir laden sie zu Teilchen und Kaffee ein. Die Skipperin ist eine Brasilianerin, die sich in der Einsamkeit hat einfrieren lassen, sie überwinterte 9 Monate lang drei Tagesmärsche von der nächsten Siedlung entfernt.

Wir besuchen das Museum und erfahren u.a. von einem Forschungsprojekt auf dem Inlandeis, bei dem mit einer Tiefenbohrung Eisproben aus allen Schichten bis zu einer Tiefe von 2.000 m entnommen werden, die in einem Labor vor Ort untersucht werden. So lassen sich Erkenntnisse sammeln z.B. über die Zusammensetzung der Atmosphäre bis zurück zur Zeit der Neandertaler ca. vor 40.000 Jahren. Auch damit lässt sich der menschgemachte Klimawandel belegen. Es folgt eine weitere Wanderung bis an das Südkap von Ilulissat. Ich sitze eine Weile und staune über die Eisberge, die von links aus dem Fjord ins Meer treiben. Um 18 Uhr legen wir ab und motoren 10 sm bis Rodebay, ein kleiner Ort mit 48
Einwohnern, der früher eine Walfängersiedlung war. Wir ankern in der malerischen Bucht, sehr gut geschützt gegen die treibenden Eisberge. Ich gehe früh schlafen, um meine letzte Nacht auszugleichen. Diesmal kann ich gut schlafen, was daran liegen kann, dass Olafs Schnarchen durch Alkoholverzicht schwächer war oder dass es mir gelang, es zu ignorieren.

Fr 05.07.

Nach einem guten Frühstück mit Brot, Käse und Müsli setzen wir mit dem Beiboot an Land über. Uli will einen Film drehen, indem Sie mit ihrer Drohne um einen größeren Eisberg herumfliegen will. Leider kollidiert Sie beim seitwärts Fliegen mit einem kleineren Eisberg, den Sie übersehen hatte. Wir gehen zurück an Bord, um zu versuchen, die abgestürzte Drohne am Eisberg zu finden. Uli hatte noch kurzen Kontakt und sah, wie die Drohne schräg auf dem Eis lag. Mit ANUK fahren wir direkt an den Eisberg, können die Drohne aber nicht finden. Der Eisberg ist zu instabil, als dass wir auf ihn hätten klettern wollen. Welch schmerzhafter Verlust. Wir setzen unsere Reise nach Norden zwischen Diskoinsel und Festland durch den Vaigat-Sund fort. Dabei fahren wir Slalom zwischen den Eisbergen und bewundern die Natur, wie sie sich hier bildhauerisch betätigt, unsere Blicke schweifen stundenlang von Eisberg zu Eisberg. Wir segeln ein Stück, müssen dann aber leider wieder den Motor nutzen. Wir haben warmes und sonniges Wetter und wollen uns über den stärker werdenden Gegenwind nicht beschweren. Heute ankern wir vor der verlassenen Siedlung Ritenbenk auf Arveprinsens Ejland nach 29,5 sm, wovon wir lediglich 4,5 sm segeln konnten. Ich koche so, dass wir die Vorpeise aus gebratenen Wal mit Charlotten und Joghurt-Creme-Fraiche-Dipp zu uns nehmen, nachdem Anker gefallenen ist. Als Hauptspeise gibt es Nudeln mit Paprika-Tomaten-Sauce. Über Nacht halten wir Ankerwache, da die Eisberge durch die Strömung an die ANUK treiben.

Sa 06.07.

Morgens müssen wir den Anker aufnehmen, da er immer weiter slippt und wir Richtung Küste driften. Auf halber Strecke kommt ein Knäul aus Anker umwickelt mit Ankerkette aus dem Wasser. Wir ackern zu dritt, bis wir den wieder entflochtenen Anker neu setzten können. Kurz darauf, während des Frühstücks, kommt uns ein größerer Eisberg so nahe, dass wir ANUK mit Stangen von ihm abhalten müssen, bis er gerade so an uns vorbeidriftet. Wir besuchen die aufgegebene Siedlung. Es ist ein trauriger Anblick, die Häuser, die alle mit viel Mühe aufgebaut wurden und deren gesamtes Material mit Schiffen über weite Strecken hierhin transportiert wurden, nun verfallen zu sehen. Einige Häuser sind tatsächlich noch in so einem Zustand, dass wir eine Rettung für möglich halten, aber wer sucht diese Einsamkeit?

Gegen Mittag heißt es wieder Anker auf und wir fahren in den Vaigat-Sund, der zwischen der Discoinsel und dem Festland liegt. Endlich kommt der ersehnte Wind aus Süden, aber das Eis wird immer dichter, dass wir uns unseren Weg im Slalom suchen müssen und mit dem Segelsetzen warten, bis die Lücken zwischen den Eisbergen groß genug sind, die Genua zu 2/3 auszurollen. Wir segeln den Sund entlang zwischen den Eisbergen bei 25 – 30 kn Wind nach Nordwest mit 5 bis 6 kn. 

So 07.07.

Leider schläft der Wind am frühen Morgen ein und wir müssen die Genua gegen das Eisensegel tauschen, wir runden Kap Kanget und Kanísut und fahren in den Uummanaq Fjord und steuern die gut geschützte Bucht auf der kleinen Insel Qeqertat an. Die Gesamtstrecke 160 sm. Die Bucht erreichen wir durch eine enge und recht flache Einfahrt, in der sich ein Eisberg in dem Moment zu drehen beginnt, als wir auf ihn zufahren. Nach dem Ankern setzen wir über an Land, um auf den 260 m hohen Inselberg zu besteigen, von dem aus wir einen herrlichen Rundumblick belohnt. Nach einem Karotten-Ingwer-Linsen-Eintopf mit Salat spielen wir Doppelkopf.

Mo 08.07.

Nach dem Frühstück mit Obstsalat geht der Anker auf und wir motoren bei spiegelglatter See zwischen den Gebirgsmassiven weiter hinein in die Fjordlandschaft von Uummannaq. Ich sitze im Heck und höre ein Stück von Edvard Grieg, da mich die kolossalen Felswände an Norwegen erinnern. Auf dem Fjord treiben wieder Eisberge, um so mehr, je tiefer wir in den Fjord fahren und damit näher an die Gletscher kommen, wo sie in die See kalben. Vor der Einfahrt in unsere abendliche Bucht sichten wir einen Wal, der dort auf und ab schwimmt und immer wieder bläst. Das Ziel ist nach 32,5 sm die kleine, von allen Seiten umschlossene Bucht Niaqornakavsak an der äußersten Nordwestecke der Insel Drygalskis Halvø. Das Dinghi hilft uns wieder an Land, Astrid und ich klettern auf den Berg neben der Bucht. Wir freuen uns an dem tollen weiten Blick über die mit Eisbergen geschmückte Fjordlandschaft und in unsere kleine Ankerbucht, in der ANUK auf uns wartet. Trotz erfolgloser Angelei bekommen wir ein vorzügliches Kohlgericht.

Di 09.07.

Wir legen um 8 Uhr ab und frühstücken auf See und fahren tiefer in den Fjord hineinhinein entlangentlang kolossaler Felswände bis zu dem Ort Ikerasagssuaq. Leider regnet es als wir durch den Ort laufen. Olaf bekommt von einem Fischer ca. 1,5 kg Capelin (Fisch) geschenkt, nachdem er sich mit ihm über google translate verständigt hatte. Wir legen ab, um einen weiteren Ankerplatz am anderen Ende der Insel anzulaufen, wir passieren wunderbare Eisberge und ankern in einer Bucht nördlich der verlassenen Siedlung Umánatsiaq, Etmal 22 sm.

Mi 10.07.

Wir teilen uns zum Landgang in zwei Gruppen auf. Nico und Thomas wandern über die Berge zunächst zu einer Siedlung in der Nachbarbucht, die aus Hütten besteht, die auf Schlitten montiert waren (grönländische Variante des Wohnwagens zum Übernachten des Fischens auf dem Eis im Winter). Das Schlauchboot Expeditionsteam Astrid, Yannick und Olaf treffen die beiden in dem verlassenen Dorf Umánatsiaq weiter südlich. Einige Häuser sind saniert und werden als Ferienhäuser genutzt.

Nachmittags geht es weiter mit einem kurzen Zwischenstopp in Uummannaq, der angeblich schönsten Stadt Westgrönlands. Die Stadt, die mit 1400 Einwohnern als Großstadt gelten kann, begrüßt uns mit ihrem von der Sonne angestrahlten bunten Häusern auf den Felsen. Die schönen historischen Gebäude erstrecken sich rund um die Hafenbucht. Thomas und Olaf finden ein Café mit Bier vom Fass.

Pünktlich um 20:00 Uhr brechen wir auf um weiter aus dem Fjord heraus um den vorhergesagten Südwind für unsere Weiterfahrt nach Norden zu nutzen.

Do 11.07.

Es gibt immer weniger Eisberge und immer weniger Wind. Den Tag müssen wir leider wieder überwiegend motoren. Außer Wache gehen steht Lesen auf dem Programm.

Fr 12.07.

In den Morgenstunden laufen wir südlich von Søndre Upernavik in den Suvdlua Fjord ein. Um 07:00 Uhr fällt der Anker in der malerischen Bucht Uluâ. Wir genießen einem wunderbar faulen Sonnentag mit Temperaturen um die 20° C mit Landgängen und einer abendlichen Doppelkopfrunde.

Sa 13.07.

Jetzt ankern wir hier vor Kangersuatsiaq (Prøven), einem 141 Einwohner Dorf. Das Wetter ist eher kalt und trübe. Wir verbringen den Tag mit Landgängen und Blog-Beiträge hochladen.

Text: Thomas