In Ittoqqortoormiit
Am 20.07.2023 ist parallel zur ANUK die künftige Crew in Reykjavik gestartet. Ecki, Uschi, Annette und Frank haben sich am Inlandsflughafen getroffen. Indem wir unser Gepäck zusammen auf die Waage stellten, konnten wir genau die erlaubten 20 kg pro Person einhalten, so dass Ulis Lübecker Marzipan auch den Weg nach Grönland fand. Die 3,5 Stunden flogen wir über den Wolken, doch vor Grönlands Küste brach die Wolkendecke auf und eröffnete uns einen spektakulären Blick in den Scoresbysund. Wir landeten in Nerlerit Inaat. 1985 hatte eine Ölgesellschaft hier den Flughafen Constable Point gebaut. Als sie fünf Jahre später den Platz ohne Erfolg verließ, blieb er in dänischer Verwaltung und wird von Island aus angeflogen. Wir stiegen hier mit mehreren einheimischen Familien aus, die alle mit einem Helikopter nach Ittoqqortoormiit gebracht werden mussten. Der Pilot war ein junger Deutscher, der dort jeweils im 3-Wochen-Rhythmus arbeitet und schon einiges über die Region erzählte. Uschi und Ecki saßen im ersten Flug, dann kamen die grönländischen Familien mit insgesamt neun Kindern. Frank und Annette hatten den letzten Flug und nutzten die Wartezeit in der grönländischen Sonne für Gespräche mit dem Neuseeländer Paul und eine Wanderung mit dem Flughafenchef Morton zum nahegelegenen Fjord. Er gab uns viele Informationen zum Flughafenbetrieb, der lediglich aus ein paar Containern und Hütten besteht, in denen das Personal und die Piloten wohnen sowie seinem Leben als Däne in Grönland. Für das lange Warten wurden Annette und Frank mit einem fantastischen Heliflug über den eisbedeckten Sund und die Berge belohnt.
In Ittoqqortoormiit erwartete uns am Heliport Mette, die unser Gepäck mit einem Quad zu ihrem Gästehaus brachte. Wir folgten in einem kurzen Spaziergang zusammen mit Paul, vorbei am obligatorischen Kunstrasen-Fußballfeld, den ersten aufgehängten Eisbär- und Moschusochsenfellen zu dem gelben Gasthaus. Hier hatten Uschi und Ecki schon gekocht und es folgte ein geselliger Abend mit Paul, der zum Kajakfahren hergekommen ist. Ungewiß blieb, wann wohl ANUK ankommt.
Am nächsten Tag gingen wir wieder bei strahlendem Sonnenschein zu Mettes Touristenbüro. Sie hält hier die Organisation der touristischen Aktivitäten zusammen. Vorab hatte Uli bereits zwei Waffen bestellt. Ohne diese können wir den Ort nicht verlassen. Da das bisher nicht unser Thema war, erhielten Frank und Annette eine Einweisung von einem Jäger. Es gesellten sich gleich drei Kinder zu uns, die mit ihm verwandt waren und so spazierten mit Uschi insgesamt zu siebt zur Walrossbucht, einem sehr langen Sandstrand mit türkisem Wasser. Die Kinder warfen sofort Schuhe und Strümpfe in den Sand und wateten ins Wasser. Als Frank es ihnen gleichtat schmerzten ihn bei 1 Grad Wassertemperatur sofort die Füße. Wir erhielten eine Einführung in die Waffe und machten dann erste Aufnahmen mit der Drohne. Die Eisberge sind so schön! Ob wohl die ANUK schon welche gefunden hat?
Den nächsten Tag wollten Uschi und Ecki mit ein wenig einkaufen und dem Blick aus dem Fenster auf die Bucht genießen. Frank und Annette hatten sich Kajaks gemietet und haben eine lange Tour gemacht. Auch hier mussten sie ein Gewehr mitnehmen, da Walrösser für Kajaks sehr gefährlich werden können, insbesondere wenn sie in Paarungsstimmung sind. Außerdem sollten wir für den Fall, dass wir Narwale sehen sofort an Land paddeln. Denn diese würden gejagt und in diesem Jahr seien noch keine gesichtet worden. Wenn sich die ersten Tiere zeigen würden, dann würde die Jagd für uns Kanuten sehr gefährlich sein. Arme Einhörner…
Mit diesem Wissen fuhren wir die Küste entlang, vorbei an Eisschollen und Wasserfällen. Außer Wasservögeln haben wir keine Tiere gesehen, trotz Landpicknick und ausgelegter Angel. Abends erzählte uns Paul, dass ganz in der Nähe ein Eisbär geschossen worden sei.
Am Abend tauchte auf dem Schifffahrtsradar ein einsamer lila Pfeil auf. Konnten dass unsere wackeren Segelschwestern sein? Die ganze Nacht über bewegte sich der Pfeil langsam und in Schlängeln voran. Am Morgen dann bog er auf der Karte in den Sund ein. Ab da schauten wir mit dem Fernglas in den Morgennebel. Und als die Sonne diesen langsam anhob rief Uschi die erlösenden Worte: Ein Schiff! Tatsächlich hatte sich ANUK als erstes Schiff dieses Jahr in den Scoresbysund durchgeschlagen – diese Teufelsweiber! Das gab ein ordentliches Hallo und wir machten zu sechst einen langen Abendspaziergang in die Wallrossbucht. Für den nächsten Tag wurde der Crewwechsel vereinbart.
Text: Annette