Unsere Zeit im Scoresbysund ist um. Zurück von unserem Ausflug in die Fjorde biegen wir vor Ittoqqortoormiit gleich rechts ab nach Amdrups Havn zum Wasserfall, um Trinkwasser zu bunkern. Wir ankern bei einsetzendem Nieselregen und machen das Dinghy klar. Es dauert gut zwei Stunden bis wir mit 2 Kanistern und einem Wassersack unsere Tanks aufgefüllt haben. Seit Island haben wir nur rund 600 l Wasser verbraucht. Das geht gut, wenn alle sparsam sind und das Geschirr und wir selbst mit Salzwasser gereinigt werden. Am nächsten Tag wird noch Diesel gebunkert, auch mit dem Dinghy. Alles mühsam und zeitaufwendig. Gegen Nachmittag werden noch letzte Einkäufe erledigt, dann sind wir startklar.
Die Malik Arctica, das Versorgungsschiff der Royal Arctic Line, ist wegen des vielen Eises mit einer Woche Verspätung gekommen. Drei Tage hat das Entladen gedauert. Die Container werden einzeln auf ein kleines Landungsboot verladen, zum Strand neben der Pier gebracht und mit einem LKW an Land die kurze Strecke zum Lager transportiert. Das Landungsboot ist ziemlich laut, so dass wir uns über die Ruhe jetzt freuen. Im Pilersuisoq, dem örtlichen Supermarkt und Kaufhaus, sind die Regale wieder voll und es gibt reichlich Obst und Gemüse. Die Leute hier sind vergnügt und wir müssen an der Kasse kurz Schlange stehen. Im September wird das Versorgungsschiff ein zweites und letztes Mal Ittoqqortoormiit anlaufen, dann ist wieder Winterpause bis zum nächsten Jahr im August. Kaum vorstellbar, sooo lange ohne Großanlieferung auszukommen. Das Nötigste wird wahrscheinlich mit dem Flugzeug geliefert, aber die Grundversorgung läuft halt über das Versorgungsschiff.
Für draußen auf See ist Starkwind angesagt. Wir verbringen daher zwei Nächte an unserem vertrauten Ankerplatz. Hier bleibt es ruhig, später schaukelt etwas Schwell das Schiff hin und her. Das Eis ist weniger geworden und wir müssen nachts nicht mehr den Anker lichten und uns umlegen, lediglich gegen 17 Uhr und 5 Uhr früh schickt der Tidenstrom Eis vorbei und hält uns auf Trab.
Am Freitag (11. August) verlassen wir Ittoqqortoormiit. Unter Motor geht es bei Flaute durch das letzte Eis raus auf See. Wir runden Kap Brewster mit gut 2 sm Abstand und bewundern riesige Eisgiganten. Nächstes Ziel ist die Gegend um Kulusuk, rund 400 sm weiter südwestlich. Die Eiskarten sind 2 Tage alt und damit Schnee von gestern. Das angezeigte Eis bleibt aus, alles scheint frei zu sein, wir beschließen daher solange wie möglich an der Küste entlang zu fahren. Um Mitternacht setzen wir Segel, nach drei Stunden ist der Spaß vorbei und der Motor wird gestartet. Nach 10 Min. kommt Qualm statt Kühlwasser, also wieder Segeln und Fehlersuche. Der Wasserfilter ist in Ordnung, der Impeller leider nicht. Da das Ding blöde angebaut ist und fest sitzt, dauert der Wechsel fast zwei Stunden. Gut dass wir genügend Ersatz dabei haben… In den nächsten Tagen kommen wir nur langsam voran. Wind gegenan oder Flaute, etwas Segeln (meist kreuzen), viel Motorfahrt. Insgesamt etwas langweilig. Sonne und Eis sorgen für halbwegs gute Laune.
Am Montag habe ich Geburtstag. Los geht es gleich nach Sonnenaufgang mit der Sichtung von Walen. Endlich! Buckelwale ziehen vorbei, zeigen ihre Fluke, tauchen unter ANUK durch, ziehen weiter. Wir sind begeistert! Später gibt es Geschenke und drei Sorten Kuchen.
Der Rest der Überfahrt ist geprägt durch dichten Nebel und wieder Gegenwind. Sehr nervig, nachts ist es bei nun völliger Dunkelheit anstrengend Ausguck zu gehen. Das Radar hilft, aber kleinere Eisbrocken müssen wir so erkennen. Tagsüber lichtet die Sonne immer wieder den Nebel und wir umrunden teils riesige Eisberge, um Fotos zu machen.
Am Dienstag (15. August) erreichen wir nach gut 4 Tagen und Nächten unser Ziel und fahren in die für uns neue Inselwelt ein. Wir steuern eine geschützte Ankerbucht im Westarm des Kangertivartikajik Fjords an. Die Ankunft wird mit Saft-Gletschereis-Cocktail gefeiert. Ein wunderschöner Ort! Hohe Berge, Wasserfälle, Blumenwiesen, eine Jägerhütte. Wir machen Landgang und baden, die warme Sonne trocknet auf der Haut das 4,5 °C kalte Wasser.
In den nächsten Tagen wollen wir den Rasmussen Gletscher und einige Fjorde und Sunde besuchen. Am Samstag ist Crewwechsel geplant.
Wir ankern bei schönstem Wetter im Delta am Hjørnedal, dem Abfluss des Faxa Sees in den Scoresby Sund und wir beschließen einen Landgang für den Morgen. Das Hjørnedal mit seinem mächtigen Geländeeinschnitt lockt zu einer Erkundung.
In ca. 400 m Entfernung stehen vereinzelt bunte Holzhütten. Bei unserer Ankunft sahen wir bereits aus der Ferne, dass jemand dort sein muss, denn vor den Hütten ankert ein kleines Motorboot am Strand. Wir steigen ins Dinghy und fahren in zwei Etappen rüber Richtung der in der Sonne leuchtenden Hütten. Unschwer ist schon bei der Anfahrt zu erkennen, dass zwei Personen zwischen den Hütten mit Arbeit beschäftigt sind. Am Strand angekommen sichern wir das Dinghy und setzen uns in Richtung Hütten in Bewegung. Dabei treffen wir auf eine Vielzahl teilzerlegter lachsartiger Fische, die verteilt am Strand herumliegen und von denen zum Teil nur einseitig, aber sauber das Filet herausgetrennt wurde. Wir fragen uns, ob dieses einen besonderen Grund hat, ob damit Tiere angelockt werden sollen oder ob dieses Aufgrund von Überfluss hier so üblich ist. Kontaktsuchend gehen wir auf die Hütten und die Personen zu, die weiter ungerührt ihrer Beschäftigung nachgehen aber ab und zu uns herüber schauen. Wir grüßen, nähern uns weiter und schauen wie sie reagieren. Die Beiden entpuppen sich als ein älteres Ehepaar aus Ittoqqortoormiit die hier für eine Woche ihren Urlaub verbringen. Er spricht Englisch und erweist sich schnell als sehr kommunikativ, während seine Frau sich lieber im Bereich ihrer Behausung im Hintergrund hält. Es wird über dieses und jenes gesprochen, geflachst und geschmunzelt. Wir verabschieden uns und die Gruppe setzt sich in Bewegung, rauf über den Hügel und weiter in Richtung Hjørnedaldelta. Nur Jens bleibt zurück, redet weiter mit dem Mitsechziger und macht keinerlei Anstalten uns zu folgen. Da wir beide Gewehre zum Schutz vor Eisbären dabei haben, beschließen wir, dass ein Teil der Gruppe vorgeht und ich mit einem der Gewehre zurückbleibe um auf Jens zu warten.
Die Beiden vertiefen allem Anschein nach ihr Gespräch weiter und ich mache es mir an dem kleinen Bachlauf gemütlich, an dem ich auf Jens warte. Von dort aus sehe ich, wie beide plötzlich geschäftig zwischen den Hütten hin und her laufen. Ich wundere mich. Ich sehe wie beide zusammen zu einer draußen zwischen den Hütten aufgestellten, ausrangierten Kühltruhe laufen und anfangen eine Plastiktüte zu füllen. Nach der Verabschiedung reckt Jens eine große Plastiktüte in die Höhe und grinst. Ich denke „Klasse, Fisch. Das Abendessen ist gesichert.“ Ich gebe ihm aus der Ferne einen Daumen hoch. Er macht sich auf zum Dinghy, um die Beute bis zur Rückkehr dort zu bunkern. Nun sind wir nur noch bedingt auf die Angelkünste von Jens angewiesen, der auf dem Schiff mit Geduld und Hingabe eine Angel aus einem alten, ich würde sagen, Abflussrohr gebastelt hat und diese im Hjørnedal zum erneuten Einsatz bringen will. Wir machen uns auf um der Vorhut zu folgen. „Super“ sage ich. „Hat er dir Fisch geschenkt?“. „Nöh! Moschusochse. Hat er selbst geschossen“. Ich wundere mich, find`s aber klasse. Dank an Jäger Jens. Das Abendessen scheint gesichert.
Wir wandern in der Gruppe weiter Richtung Hjørnedaldelta, wo sich die Gruppe an der Abhangkante erneut trennt. Während Jens und ich runter zum Fluss gehen, machen sich die anderen auf den Rückweg zum Dinghy, um zurück zum Schiff zu fahren. Astrid will uns nach dem Absetzen der Anderen am Schiff als zweite Fuhre am Fluss abholen. So bleibt für Jens ausreichend Zeit einen Angelversuch zu unternehmen, während ich als Eisbärenwache fungiere. Beim Abstieg fällt unser Blick über das zum Großteil ausgetrocknete Flussdelta und wir erspähen einen kleinen Polarfuchs der im bräunlichen Sommerfell im tapsigem Laufschritt das Weite flussaufwärts sucht.
Es wird geangelt, leider ohne Erfolg. Und so kehren wir ohne Fisch zurück an Bord, was im Angesicht der Erbeutung des Moschusochsen, oder man muss wohl eher sagen der Moschusochsenteile, allen als wenig schlimm erscheint. Nun geht es in Vorbereitung des Abendessens an die gekonnte Zerlegung der Beute. In Erinnerung an die in Auszügen noch präsente Vorgehensweise einiger medizinischer Kniffe aus der am Vorabend studierten Lektüre „Medizin auf See“, besorgen Astrid und ich das nötige Präzisionswerkzeug und wir beginnen wechselseitig unser schweißtreibendes Werk der Filetierung.
Ein Teil Filet, ein Teil zum Kochen von Suppe, ein Teil für die Fische. Die teilweise noch vorhandenen am Fleisch anhaftenden Moschusochsenhaare werden in der Pütz gekonnt abgespült, das Filet in Tupperware verstaut und der Rest direkt im Topf für die geplante Suppe versenkt.
Somit hatten wir nun sogar zwei leckere und zudem auch noch super günstige Abendessen, die jedem von uns auf die ein oder andere Art lange im Gedächtnis bleiben werden. Und so endete wieder einmal ein wunderschöner Tag im Scoresby Sund wie immer mit einem Dank an die Köchinnen und diesmal auch noch zusätzlich mit einem Dank an den Jäger.
Anfang August: Der nächste Crewwechsel in Grönland steht an.
Plan A: Ankern vorm Constable Point – Nerlerit Inaat – der Flugpiste in the middle of nowhere, am ersten Seitenarm rechts im Scoresbysund, frische Crew aus Reykjavik einfliegen, alte Crew ausfliegen, Dinghi-Shuttle zur Anuk einsetzen.
Stop! – Plan A impossible – Stop – Eisschollenalarm auf dem Wasser im Seitenarm – Stop – kein Durchkommen mit Anuk zum Flugplatz – Stop
Nachricht an Crewfrischlinge auf Island: Plan A gecancelt – Wir arbeiten an einer Lösung
Plan B: Der reine Luftweg – Uli und Astrid funktionieren das Cockpit beherzt in ein Reisebüro um – telefonieren, mailen, organisieren einen ganzen Tag lang – es geht hin und her – Helikopterplätze sind rar – doch dann: Der Helicopterpilot (nett, verwegen, gutaussehend) fliegt die am Constable Point Gestrandeten, zuerst die der anderen Boote (Opal und Tilvera von Northsails), nach und nach in die Bucht von Ittoqqortoomiit, wo die Anuk vor Anker liegt.
Doch frei nach Bertold Brecht: Mach nur einen Plan, sei ein schlauer Wicht – und mach noch einen zweiten Plan, gehen tun sie beide nicht.
Der Helipilot
darf seine Flugzeiten nicht überstrapazieren, so müssen – trotz der Charmeoffensiven verschiedener Damen – Axel und Peter eine Nacht auf dem Flugplatz verweilen. Gern hätten die Jungs ihre Schlafsäcke dort unter dem Sternenzelt ausgerollt, oder im Hangar. Doch werden sie wiederholt und mit Nachdruck dazu „eingeladen“, sich ein Zimmer deutlich gehobenen Preisniveaus im anliegenden Holzhotel zu nehmen. Peter dazu: Müssen ja alle von wat leben, wa!
Am nächsten Tag sind dann alle glücklich an Ort und Stelle, Astrid mit Axel vereint, Crew vollständig an Bord und Ecki, die auf ihrem Rückweg auch im Holzhotel gestrandet war, auf dem Weg in die Heimat. Großen Dank an das Orgatalent der Kapitäninnen!
Vor knapp 5 Jahren haben wir Grönland verlassen und es war klar, dass wir zurückkommen wollen. Die Ostküste sollte es ja auch nochmal sein. Einsam, mehr Eis und anspruchsvoller. Und jetzt sind wir hier, im größten Fjord der Welt, im berühmten Scoresbysund. Er hat es uns dieses Jahr nicht einfach gemacht. Nach dem kalten Winter in der Arktis hält sich das Eis hartnäckig und unsere Törnplanung geht nicht ganz auf. Mit uns warten einige Segler auf Island, wer Zeit hat vertreibt sich die Zeit einfach dort, andere sagen Etappen ab.
Wir sind die ersten dieses Jahr, die es nach Ittoqqortoormiit geschafft haben, wenige Tage später folgen weitere Yachten und auch ein Cruise Ship ankert in der Bucht.
Nachdem wir es hierher geschafft haben hängen wir in Ittoqqortoormiit mehr oder weniger fest. Der Rest des Fjords ist noch zu, selbst am Ankerplatz müssen wir ständig Eisschollen ausweichen. Mit TILVERA zusammen versuchen wir eine Fahrt in den Fjord, kommen nur langsam voran und brechen irgendwann ab.
Als Schiffsführung beobachtet man besorgt die Windvorhersagen, zum Glück bleibt es ruhig. Starker Südwind würde unser „Gefängnis“ Ittoqqortoormiit schnell sehr ungemütlich machen, die alternativen Ankerbuchten sind leider auch mit Eis gefüllt.
Auch wenn wir nicht weiterkommen gibt es viel zu sehen und zu unternehmen: den Strand der Kvalrosbukta um die Ecke erkunden, Paddel- oder Dinghyfahrten zwischen den Eisschollen, ein Landgang zur verlassenen Siedlung Kap Tobin, Gespräche mit anderen Reisenden oder das reduzierte Sortiment des Ladens inspizieren (Das Versorgungsschiff war dieses Jahr bei unserer Ankunft noch nicht da.).
Den Kurs für „Slalomfahrt im Eis“ absolvieren natürlich auch alle erfolgreich. Mit etwas Übung lässt sich ANUK gut manövrieren.
Einmal trauen wir uns um Kap Swainson raus nach Norden. Es erwarten uns Nebel und Frost. Gelegentlich wird uns ein kurzer Blick auf die Küste gegönnt. Unser Ziel Sandbach Halvø am Kolding Fjord ist nur auf dem Radar zu erkennen. Der Strand mit Hütte taucht erst schemenhaft im Nebel auf als wir dicht davor sind. Dass derzeit dort stationierte Forschungsteam aus Frankreich entdeckt uns trotzdem. Der Landgang fällt wegen des Nebels kurz aus, es ist zu gefährlich (Eisbären). Die Crew besucht kurz die Forscher:innen und lädt sie ein uns an Bord zu besuchen. So sitzen wir abends dann zusammen und erfahren viel über Krabbentaucher und diskutieren über veränderte klimatische Verhältnisse usw. Was mich überrascht, alle drei sind die fünf Wochen hier auf Grönland während ihres Urlaubs. Sie fangen Krabbentaucher und befestigen kleine Sender an ihnen. So kann untersucht werden, wo sie sich aufgehalten und wohin die Vögel im Laufe des Jahres ziehen. Anscheinend kehren sie immer wieder zur selben Brutkolonie zurück (hier sollen es über 100.000 Tiere sein.).
Auch an diesem Ankerplatz beschäftigt uns treibendes Eis. Weiter nördlich ist noch alles zugefroren, der Fjord westlich ist ebenfalls noch eisbedeckt. Die Captain entscheidet um 02:00 Uhr wieder nach Süden Richtung Scoresbysund zu laufen. In der Hoffnung vor dem nächsten Windfeld, was die Eisbedingungen wieder ändern kann, in den Scoresbysund zurückzukommen. Klappt leider nicht. Wir laufen mit bis zu 25 kn Wind im dichten Nebel nach Süden. Der Nebel gefriert und das Rigg wird von einem Eisfilm bedeckt. Da sich die Bedingungen an Kap Hodgson nicht bessern laufen wir am frühen Morgen in die Buchten hinter Raffles Ø ein. Wind und Nebel bleiben draußen, unsere Ziel, ein Ankerplatz im Lillefjord (Kangertivatsiákajik) ist mit frischen Eis bedeckt. Es ist zum Glück so ruhig, dass wir uns einfach ein paar Stunden treiben lassen. Die Landschaft ist atemberaubend, die Sonne angenehm warm. Das Eis aus dem Rigg taut schnell und prasselt an Deck. Der Windmesser funktioniert irgendwann auch wieder.
Welch ein Kontrast zum Wetter des Vortages und der Nacht.
In der darauf folgenden Nacht nutzen wir eine Windpause und kommen wieder gut zurück nach Ittoqqortoormiit. Die dort auf uns wartenden Infos zum Crewwechsel sorgen für Unruhe, Captain Uli fühlt sich an Büroalltag erinnert (siehe folgenden Blogbeitrag).
Schon ein komisches Gefühl, nach fünf Jahren, einem Jahr Planung und drei Monaten Anreise jetzt hier zu sein und doch nicht so ganz. Es kommt doch immer alles anders. Das Wetter bestimmt hier alles und wir müssen uns immer wieder darauf einstellen. Manchmal ist es frustrierend, manchmal betrachtet ich das Geschehen mit Sorge und ganz ganz oft ist es einfach nur faszinierend.
Wer es noch nicht kann lernt Gelassenheit, die Dinge zu nehmen wie sie kommen. Nächtliche Ankerwachen wegen der Eisschollen sind z.B. eine gute Gelegenheit für philosophische Gespräche.
I am Captain William Scoresby of the good English ship Baffin. I have already told you about the magical ship ANUK, and her strange crew of Wizards. We were sailing fast through a thick fog after my rescue, something I would never dare to do on my own ship. But the lady captain Uli showed me another magic box, which she called „Radar“. This painted a picture of the surrounding seas and coast of Greenland as if looking down from the heavens. Captain Uli told me of the clockwork workings of this wonder. It was, she said, like the twittering of bats! How can this possibly be true? How can bats live in this box?! Then she showed me the hull of this ship Anuk. It seemed to be made in one piece of some strange, light silvery grey metal which I have never seen before. The mast was made from a tree of this same metal. A metal tree, my friends! The dinghy was strange, too, obviously made of the black bladder of a giant sea monster. I was led below into the cabin of the Anuk. At least the table was made of something familiar: tree wood. But it was covered with the skin of some transparent animal, so this strange beast must have had the blood and muscles visible to the eye. This crew of wizards wore clothes of bright colours, far brighter than any colour in our society. They told me these were also made of the oil sucked from under the earth, but maybe I misunderstood. There were books made, like ours with paper, but the paintings were drawn with exceptional detail. I looked inside the books, but they spoke of marvels I could not understand: a great chattering of fools upon the colored boxes, theatre plays performed inside other coloured boxes by miniature people, and great birds made of the same silvery metal, and propelled by giant blowlamps which burned the oil sucked from the ground. One crewman, who said his name was Frank, told me his occupation on the land was the manufacture of four-wheeled metal boxes that travelled at huge speed. These contained more people of the ANUKii tribe. These were called Volks Wagens, or people-boxes, like our tin cans for food. These too were propelled by steam engines burning the ground-oil. The crew told me that there were those in their society who wished to stop burning the oil from the ground, but I cried
„Then more whales must die to feed your machines!“
Then one of the Anuk tribe turned to me and said
„I see your ship Baffin upon the box of bats. Do you wish to return to her, Captain Scoresby?“
I assented at once, saying that I needed to preserve my crew. Could we perhaps follow the Anuk into Harbour, please? Swiftly we drew close to my ship and the Anuk crew tied great colored bladders along the sides, and prepared ropes made of the long white hairs of another sea monster.
At last I leaped upon my own deck, and turned to my amazed crew:
Wind und Gezeitenstrom treibt das Eis hin und her. Mal ist es bedeckt und heute ist es wunderbar sonnig. Hier in der „arktischen Riviera“ lässt es sich aushalten. Gestern haben wir versucht weiter in den Sund rein zu fahren. Zusammen mit Tilvera sind wir nach dem Frühstück gestartet. Ziel war Hekla Havn gut 80 sm weiter westlich. Nach gut 4 Stunden und nur 12 sm haben wir umgedreht und noch vor Mitternacht waren wir zurück. Um es kurz zu machen: zu viel Eis, zu hohes Risiko, dass die Crew in ein paar Tagen ihren Rückflug verpasst.
Der kleine Ausflug war trotzdem nett und wir haben viele Fotos gemacht. Heute gleich noch mehr. Ein Bilderbuch Sommer-Sonnentage. Arktisch, klare Luft, viel Sonne, tolle Farben. Frühstück, Mittag und Abendessen im Pulli an Deck. Ausflug zum Wasserfall, um Trinkwasser zu bunkern, Ausflug zur Tankstelle, um Diesel aufzufüllen, Ausflug mit den Packrafts, um Fotos zu machen. Rumhängen, lesen, Kaffee trinken. Wir wären zwar alle gerne woanders (Hekla Havn) aber so isses auch schön.
Journal of a Voyage to the Whale Fishery of East Greenland in the Year of Our Lord 1820, together with an account of a meeting with a strange Germanic tribe called the ANUKII, and my discovery of a Great Fjord which I name Scoresby Sound after my esteemed Father.
I am Captain William Scoresby of the good ship Baffin, out of the port of Liverpool. In the month of July in the Year of Our Lord 1820 we were lost off the coast of Greenland, held fast in pack ice, and struggling with a rising gale. The Timbers of our vessel were creaking with the strain, our sails were torn in a hundred places, and my crew were in despair. I fell to my knees on the quarter deck and prayed to the Lord in this fashion:
„Give us a break, oh Lord!“
As I uttered these words the fog cleared, and a strange ship appeared!
It was no more than twice the length of one of my whale boats, and was blue in colour. Upon the side was the name: „ANUK“. Somehow it propelled towards my good ship Baffin against the wind, and on seeing this some of my more superstitious crew fell down upon their knees and cried „This must be magic!“
The crew of this strange ship waved to me, and so I leaped into a small dinghy and rowed across alone to ask for help and directions in this strange foggy land. As I did so a huge wave filled my small dinghy and it started to sink!
I felt hands upon me and I was dragged aboard the Anuk, more dead than alive.
I cannot begin to tell you of the marvels aboard this small ship, there are so many.
To begin, the crew all spoke a Germanic language which I struggled to understand.
First they showed me a colored chart upon a lighted box, a chart which moved with the ship. It was as if we were in the heavens and able to see down through the fog.
Then I saw that all the ANUKII tribe (for so I called them) looked closely at small colored boxes at all hours of the day. They claimed they could read books and order hot pizza on these boxes, but this could not be true.
Had I fallen in with some magical wizards? Was this witchcraft?
I looked around for my good ship Baffin, but the fog had closed in and she was not to be seen.
I was now alone with these people, and had to throw myself upon their mercy.
The captain was a woman, another marvel, and she showed me how to make hot coffee upon a stove that she said burned oil sucked from under the ground. This cannot be true, surely? Furthermore, she showed me a curious steam engine which burned the same oil not under a boiler, but inside the cylinders! This steam engine propelled our ship Anuk through the gale and the fog faster than my ship Baffin with a following wind. How could this be possible?
As I marveled at these wonders in the cabin, a strange voice filled the air from another of the magical boxes in this ship. Astonishingly, the voice spoke in the English language:
„Anuk, Anuk, fancy a pint ashore tonight?“ it said.
By some witchcraft my new captain touched a rubber spot and uttered the words:
„Curlew, Curlew, good idea if you are buying. By the way, we have picked up some old English guy out of the sea. Is he yours?“
Mit dem Crewwechsel befinden sich jetzt an Bord: Uli, Astrid, Graham, Ecki, Uschi, Frank und Annette. ANUK liegt im herrlichen Sonnenschein in der Bucht vor Ittoqqortoormiit inmitten der Eisschollen. Wir wollen in den Scoresby Sound fahren und beobachten die Eiskarten. Noch ist das Eis zu dicht, so dass wir zunächst kleinere Tagesfahrten unternehmen. Die erste Fahrt führt uns nach Amdrup Havn. Wir gleiten langsam durch die Eisschollen, ein riesiges Labyrinth aus wechselnden Farben und Formen. Gerne hätten wir am Ende an einem Wasserfall für die Nacht geankert. An dieser Stelle führt über einen langen Abhang ein Schneefeld in die Bucht, auf dem ein scharfer Wind aufs Wasser surft – kein lauschiger Platz für die Nacht. Wir schlängeln uns zurück nach Ittoqqortoormiit. Am Abend bekommen wir Besuch von Magda und unserer neuen Inuit-Freundin, die wir auf der Volksfest-Eisscholle kennengelernt haben. Sie ist 23 Jahre alt und erzählt uns über ihr Leben in dem kleinen Ort. Sie hat die Oberschule in Westgrönland besucht und ist vor einem halben Jahr zurück nach Ittoqqortoormiit gekommen. Hier lebt sie mit ihrem Vater und ihrem kleinen Bruder und arbeitet aushilfsweise im Kindergarten. Sie kann sich schlecht an die alte Lebensweise anpassen, weiß aber auch nicht, wie sie heraus kommt. Während sie hier sitzt, erzählt sie uns traditionelle Geistergeschichten, die immer von einem Mann handeln, der in Seehundfell gekleidet aus den Bergen in die Dörfer kommt und Kinder stehlen möchte. Er hat einen bestimmten Geruch, an dem er immer wieder erkannt wird.
Auch der nächste Tag empfängt uns mit strahlendem Sonnenschein. Zwar ist der Sund noch nicht frei, aber erneut suchen wir unseren Weg durch das Eis. Heute stehen auch Graham, Frank und Uschi am Steuer. In aller Ruhe können wir von den unendlich vielen Eisschollen ebenso viele Fotos schießen.
Am Kap Tobin befindet sich eine verlassene Siedlung, dort soll auch eine heiße Quelle sein. Dies Vorfreude auf ein gepflegtes Bad im Hot Pot hatte uns Paul schon genommen: Er war auf geführter Kajaktour dort und stellte fest, dass die Einheimischen Eisbärschädel in der heißen Quelle abkochen. Sein Foto war so eindeutig, dass wir keinen Bikini mitnahmen.
Graham, Astrid, Frank und Annette machten sich dann gut bewaffnet auf den Weg. Vor den meisten Häusern, die teilweise noch als Jagdhütten genutzt werden hängen Eisbärfelle zum Trocknen. Wir gehen mit einem Kribbeln im Nacken bis zur Spitze der Halbinsel und kommen sicher zurück. Als wir zunächst das Beiboot nicht finden zeigt sich Grahams britischer Humor: Where is the dinghy? THE POLARS ARE USING IT FOR A PICNIC!! WE HAVE GOT THEM.
Noch immer bleibt die Eiskarte für den Sund weiß. Dann wird gewandert. Das Expeditionsteam Frank, Graham, Astrid, Uschi und Annette starten gut ausgestattet in die Berge. Wege gibt es nicht, wir finden aber zwischen den Felsen und Schneefeldern farbige Markierungen, die angepeilt werden können. Es ist erstaunlich, wieviele kleine hübsche Blüten sich zwischen den Steinen eingebettet entfalten. Von den schönsten Felsen aus starten wir die Drohne und machen ein paar Gruppenselfies.
Am Abend lädt Paul zum Lachsessen ein, den er mit seinem Guide gefangen hat. Für acht Leute war der Fisch zwar nicht ausreichend, aber viele Abenteuergeschichten füllten den Tisch reichhaltig. Noch in der Nacht mußte Paul dann zur Polizei! Der örtliche Polizist möchte nächstes Jahr mit seiner Frau nach Neuseeland reisen und brauchte von dem Neuseeländer noch Reisetipps…
Text: Annette
Frank haben sich am Inlandsflughafen getroffen. Indem wir unser Gepäck zusammen auf die Waage stellten, konnten wir genau die erlaubten 20 kg pro Person einhalten, so dass Ulis Lübecker Marzipan auch den Weg nach Grönland fand. Die 3,5 Stunden flogen wir über den Wolken, doch vor Grönlands Küste brach die Wolkendecke auf und eröffnete uns einen spektakulären Blick in den Scoresbysund. Wir landeten in Nerlerit Inaat. 1985 hatte eine Ölgesellschaft hier den Flughafen Constable Point gebaut. Als sie fünf Jahre später den Platz ohne Erfolg verließ, blieb er in dänischer Verwaltung und wird von Island aus angeflogen. Wir stiegen hier mit mehreren einheimischen Familien aus, die alle mit einem Helikopter nach Ittoqqortoormiit gebracht werden mussten. Der Pilot war ein junger Deutscher, der dort jeweils im 3-Wochen-Rhythmus arbeitet und schon einiges über die Region erzählte. Uschi und Ecki saßen im ersten Flug, dann kamen die grönländischen Familien mit insgesamt neun Kindern. Frank und Annette hatten den letzten Flug und nutzten die Wartezeit in der grönländischen Sonne für Gespräche mit dem Neuseeländer Paul und eine Wanderung mit dem Flughafenchef Morton zum nahegelegenen Fjord. Er gab uns viele Informationen zum Flughafenbetrieb, der lediglich aus ein paar Containern und Hütten besteht, in denen das Personal und die Piloten wohnen sowie seinem Leben als Däne in Grönland. Für das lange Warten wurden Annette und Frank mit einem fantastischen Heliflug über den eisbedeckten Sund und die Berge belohnt.
In Ittoqqortoormiit erwartete uns am Heliport Mette, die unser Gepäck mit einem Quad zu ihrem Gästehaus brachte. Wir folgten in einem kurzen Spaziergang zusammen mit Paul, vorbei am obligatorischen Kunstrasen-Fußballfeld, den ersten aufgehängten Eisbär- und Moschusochsenfellen zu dem gelben Gasthaus. Hier hatten Uschi und Ecki schon gekocht und es folgte ein geselliger Abend mit Paul, der zum Kajakfahren hergekommen ist. Ungewiß blieb, wann wohl ANUK ankommt.
Am nächsten Tag gingen wir wieder bei strahlendem Sonnenschein zu Mettes Touristenbüro. Sie hält hier die Organisation der touristischen Aktivitäten zusammen. Vorab hatte Uli bereits zwei Waffen bestellt. Ohne diese können wir den Ort nicht verlassen. Da das bisher nicht unser Thema war, erhielten Frank und Annette eine Einweisung von einem Jäger. Es gesellten sich gleich drei Kinder zu uns, die mit ihm verwandt waren und so spazierten mit Uschi insgesamt zu siebt zur Walrossbucht, einem sehr langen Sandstrand mit türkisem Wasser. Die Kinder warfen sofort Schuhe und Strümpfe in den Sand und wateten ins Wasser. Als Frank es ihnen gleichtat schmerzten ihn bei 1 Grad Wassertemperatur sofort die Füße. Wir erhielten eine Einführung in die Waffe und machten dann erste Aufnahmen mit der Drohne. Die Eisberge sind so schön! Ob wohl die ANUK schon welche gefunden hat?
Den nächsten Tag wollten Uschi und Ecki mit ein wenig einkaufen und dem Blick aus dem Fenster auf die Bucht genießen. Frank und Annette hatten sich Kajaks gemietet und haben eine lange Tour gemacht. Auch hier mussten sie ein Gewehr mitnehmen, da Walrösser für Kajaks sehr gefährlich werden können, insbesondere wenn sie in Paarungsstimmung sind. Außerdem sollten wir für den Fall, dass wir Narwale sehen sofort an Land paddeln. Denn diese würden gejagt und in diesem Jahr seien noch keine gesichtet worden. Wenn sich die ersten Tiere zeigen würden, dann würde die Jagd für uns Kanuten sehr gefährlich sein. Arme Einhörner…
Mit diesem Wissen fuhren wir die Küste entlang, vorbei an Eisschollen und Wasserfällen. Außer Wasservögeln haben wir keine Tiere gesehen, trotz Landpicknick und ausgelegter Angel. Abends erzählte uns Paul, dass ganz in der Nähe ein Eisbär geschossen worden sei.
Am Abend tauchte auf dem Schifffahrtsradar ein einsamer lila Pfeil auf. Konnten dass unsere wackeren Segelschwestern sein? Die ganze Nacht über bewegte sich der Pfeil langsam und in Schlängeln voran. Am Morgen dann bog er auf der Karte in den Sund ein. Ab da schauten wir mit dem Fernglas in den Morgennebel. Und als die Sonne diesen langsam anhob rief Uschi die erlösenden Worte: Ein Schiff! Tatsächlich hatte sich ANUK als erstes Schiff dieses Jahr in den Scoresbysund durchgeschlagen – diese Teufelsweiber! Das gab ein ordentliches Hallo und wir machten zu sechst einen langen Abendspaziergang in die Wallrossbucht. Für den nächsten Tag wurde der Crewwechsel vereinbart.
Ulis Geburtstag!
Ulis erstes Geburtstagsgeschenk war ihre 05.00-06.00 Uhrwache, die ihr abgenommen wurde. So konnte sie gut ausgeschlafen ein reichhaltiges Geburtstagsfrühstück genießen. Auch der Gabentisch war großzügig gedeckt mit Geschenken, die schon in der Heimat den Weg an Bord fanden. Sie hat in den nächsten Wochen ausreichend Lesestoff und kann Karten spielen und dabei Whisky trinken. Ihre Crew hat für sie in Ittoqqortoormiit wunderbar weiche und warme Seehundfellhandschuhe gekauft. Aber heute wurden sie nicht gebraucht. Die Sonne schien wie an der Adria und tatsächlich zeigte sich eine kleine Sonnenröte auf dem Gesicht des Geburtstagskindes. Wir blieben heute faul in der Bucht, den hier gab es ganz großes Kino. Zunächst haben jetzt weitere vier Segeljachten den Weg nach Grönland geschafft. Mit allen Franzosen, Polen, Holländern, Briten … wurde vom Dinghi aus ein kleiner Schwatz gehalten und nochmal festgehalten: Uli und Astrid waren die Ersten! Und zum Schluß erschien zwischen den Eisschollen – ein Kreuzfahrtschiff! Kaum war dem Anker am fallen, spuckte das Schiff Mengen von roten Menschlein aus, die den Ort wie überrannten. Es sah lustig aus vom Deck der ANUK, als sich die roten Punkte wie in einem Computerspiel über Ittoqqortoormiit verteilten und nach drei Stunden wieder am Ausgangspunkt sammelten. Wir hatten mittlerweile neue Eiskarten und den Plan gefasst, am nächsten Tag in den Sund zu starten. Daher mussten auch Uli und Annette noch schnell in den Ort, um kurz vor fünf Bier und Wein aus dem einzigen Geschäft zu bunkern. Beim folgenden Spaziergang wurden wir sehr erstaunt: Mette hatte vor Nanu-Travel ein Zelt aufbauen lassen und einen alten Inuit mit einer Eisbärfellhose und -Handschuhen postiert. Das war der Magnet für ihren Shop und die meisten roten Punkte machten dort einen Stop. Außerdem wurde die Kirche geöffnet, was wir zuvor nicht einmal am letzten Sonntag beobachten konnten!
Am Pier trafen wir Jens, der zwar erst zur nächsten Crew gehört, aber bereits am Captainsdinner mit Lammkeule, Rotkohl, köstlichster Sauce und Kartoffeln teilnehmen durfte.
Nun ist die Bucht voller Boote und es wird Zeit, sich auf den Weg zu machen. Wir fahren zusammen mit der Tilvera, auf der Astrids alter Freund Heinz mit seiner Familie eine Abschiedsfahrt durch die Arktis macht.
Am 20.07.2023 ist parallel zur ANUK die künftige Crew in Reykjavik gestartet. Ecki, Uschi, Annette und Frank haben sich am Inlandsflughafen getroffen. Indem wir unser Gepäck zusammen auf die Waage stellten, konnten wir genau die erlaubten 20 kg pro Person einhalten, so dass Ulis Lübecker Marzipan auch den Weg nach Grönland fand. Die 3,5 Stunden flogen wir über den Wolken, doch vor Grönlands Küste brach die Wolkendecke auf und eröffnete uns einen spektakulären Blick in den Scoresbysund. Wir landeten in Nerlerit Inaat. 1985 hatte eine Ölgesellschaft hier den Flughafen Constable Point gebaut. Als sie fünf Jahre später den Platz ohne Erfolg verließ, blieb er in dänischer Verwaltung und wird von Island aus angeflogen. Wir stiegen hier mit mehreren einheimischen Familien aus, die alle mit einem Helikopter nach Ittoqqortoormiit gebracht werden mussten. Der Pilot war ein junger Deutscher, der dort jeweils im 3-Wochen-Rhythmus arbeitet und schon einiges über die Region erzählte. Uschi und Ecki saßen im ersten Flug, dann kamen die grönländischen Familien mit insgesamt neun Kindern. Frank und Annette hatten den letzten Flug und nutzten die Wartezeit in der grönländischen Sonne für Gespräche mit dem Neuseeländer Paul und eine Wanderung mit dem Flughafenchef Morton zum nahegelegenen Fjord. Er gab uns viele Informationen zum Flughafenbetrieb, der lediglich aus ein paar Containern und Hütten besteht, in denen das Personal und die Piloten wohnen sowie seinem Leben als Däne in Grönland. Für das lange Warten wurden Annette und Frank mit einem fantastischen Heliflug über den eisbedeckten Sund und die Berge belohnt.
In Ittoqqortoormiit erwartete uns am Heliport Mette, die unser Gepäck mit einem Quad zu ihrem Gästehaus brachte. Wir folgten in einem kurzen Spaziergang zusammen mit Paul, vorbei am obligatorischen Kunstrasen-Fußballfeld, den ersten aufgehängten Eisbär- und Moschusochsenfellen zu dem gelben Gasthaus. Hier hatten Uschi und Ecki schon gekocht und es folgte ein geselliger Abend mit Paul, der zum Kajakfahren hergekommen ist. Ungewiß blieb, wann wohl ANUK ankommt.
Am nächsten Tag gingen wir wieder bei strahlendem Sonnenschein zu Mettes Touristenbüro. Sie hält hier die Organisation der touristischen Aktivitäten zusammen. Vorab hatte Uli bereits zwei Waffen bestellt. Ohne diese können wir den Ort nicht verlassen. Da das bisher nicht unser Thema war, erhielten Frank und Annette eine Einweisung von einem Jäger. Es gesellten sich gleich drei Kinder zu uns, die mit ihm verwandt waren und so spazierten mit Uschi insgesamt zu siebt zur Walrossbucht, einem sehr langen Sandstrand mit türkisem Wasser. Die Kinder warfen sofort Schuhe und Strümpfe in den Sand und wateten ins Wasser. Als Frank es ihnen gleichtat schmerzten ihn bei 1 Grad Wassertemperatur sofort die Füße. Wir erhielten eine Einführung in die Waffe und machten dann erste Aufnahmen mit der Drohne. Die Eisberge sind so schön! Ob wohl die ANUK schon welche gefunden hat?
Den nächsten Tag wollten Uschi und Ecki mit ein wenig einkaufen und dem Blick aus dem Fenster auf die Bucht genießen. Frank und Annette hatten sich Kajaks gemietet und haben eine lange Tour gemacht. Auch hier mussten sie ein Gewehr mitnehmen, da Walrösser für Kajaks sehr gefährlich werden können, insbesondere wenn sie in Paarungsstimmung sind. Außerdem sollten wir für den Fall, dass wir Narwale sehen sofort an Land paddeln. Denn diese würden gejagt und in diesem Jahr seien noch keine gesichtet worden. Wenn sich die ersten Tiere zeigen würden, dann würde die Jagd für uns Kanuten sehr gefährlich sein. Arme Einhörner…
Mit diesem Wissen fuhren wir die Küste entlang, vorbei an Eisschollen und Wasserfällen. Außer Wasservögeln haben wir keine Tiere gesehen, trotz Landpicknick und ausgelegter Angel. Abends erzählte uns Paul, dass ganz in der Nähe ein Eisbär geschossen worden sei.
Am Abend tauchte auf dem Schifffahrtsradar ein einsamer lila Pfeil auf. Konnten dass unsere wackeren Segelschwestern sein? Die ganze Nacht über bewegte sich der Pfeil langsam und in Schlängeln voran. Am Morgen dann bog er auf der Karte in den Sund ein. Ab da schauten wir mit dem Fernglas in den Morgennebel. Und als die Sonne diesen langsam anhob rief Uschi die erlösenden Worte: Ein Schiff! Tatsächlich hatte sich ANUK als erstes Schiff dieses Jahr in den Scoresbysund durchgeschlagen – diese Teufelsweiber! Das gab ein ordentliches Hallo und wir machten zu sechst einen langen Abendspaziergang in die Wallrossbucht. Für den nächsten Tag wurde der Crewwechsel vereinbart.
Eigentlich wollten wir nur ein wenig Drohne fliegen im Abendlicht. Wir fahren mit dem Dinghy an den Strand der Kvalrosbukta. Da die Akkus recht leer sind kehren wir um als die Sonne hinter den Bergen verschwindet. Am Ufer sehen wir einige Menschenansammlungen. Mehrere Motorboote kreisen im Eis. Mit Zeichen gibt man uns zu verstehen, dass wir warten sollen. Es wird also gejagt. Bei der Aufregung muss es Walross oder vielleicht Narwal sein.
Schüsse sind zu hören, soweit wir erkennen können ist die Jagd beendet. Wir fahren zurück zur ANUK. Die liegt jetzt quasi in der ersten Reihe. Auf der größeren Eisscholle vor ihr versammelt sich gefühlt das halbe Dorf. Ein Walross wird längsseits gebunden hereingeschleppt und auf die Eisscholle gezogen. Aus der entgegengesetzten Richtung taucht ein weiteres Motorboot auf. Quer über dem Bug liegt ein Eisbär, am Heck hängt eine Robbe. Anscheinend ein erfolgreicher Tag. Die Stimmung ist ausgelassen und fröhlich. Den Jägern wird gratuliert. Mehrere Männer zerlegen gekonnt die Beute. Es sieht unglaublich geschickt aus. Scharfe Messer gleiten durch Haut, Fell und Fleisch. Das Fell des Eisbären wird in einem Stück abgetrennt, nicht ein Schnitt beschädigt das Fell. Annette, Magda und Uli sind mit dem Dinghy zur Scholle gefahren und können sich nicht satt sehen. Magda und Annette filmen und fotografieren.