Nusfjord

Das Motto des heutigen Tages ist laut Suse „Rückwärts fahren“.

Wir parken im idyllischen oder auch pittoresken kleinen Hafen Nusfjord rückwärts ein. Es klappt auf Anhieb.

Die Crew erkundet nach beschwerlichem Ausstieg mit vielen anderen Touristen den kleinen Museumsort. Das falsche Versprechen des bald steigenden Wasserstandes verleitet zum Restaurantbesuch, um dann pünktlich kurz vor Niedrigwasser wieder an Bord klettern zu müssen. Dank dieser Verzögerung wurde uns der Besuch der norwegischen Küstenwache vergönnt.

Rückwärts Teil II ist dann der Versuch eine definitiv zu kleine Ankerbucht anzulaufen. Die Bucht von Æsøy ist traumhaft schön mit weißem Sandstrand. „Es ist zu eng“ entscheidet die Captain und es geht rückwärts bis Platz zum Drehen auf der Stelle ist.

Rückwärts Teil III dann Einfahren in die Ankerkette am etwas verkehrstechnisch günstig gelegenem Ankerplatz östlich der Ortschaft „Steine“.

Text: Suse

Reine/Lofoten

Manche Dinge wiederholen sich. Beim Crewwechsel in Trondheim wurde die neue Crew mit Starkwind und Regen begrüßt. Statt Segeln heißt es bei Kälte und Regen warten und sich die Zeit mit Landgang oder Uli bei Arbeiten an Bord zu unterstützen.

In Bodø wiederholt sich das ganze leider. Kaum ist die neue Crew am Sonntag morgen vollständig angereist stürmt und regnet es. Da Bodø nicht gerade eine spannende Stadt ist und man auch draußen sofort gut durchnässt ist hat Uli einige Hilfe.

Wofür das alles: Für Tage wie heute. Wir stehen morgens um 05:00 Uhr auf. Der Wind hat leicht abgenommen. Die Zeit für ein Frühstück und den zweiten Teil der Einweisung ins Schiff ist so sichergestellt. Wir laufen um 07:30 Uhr aus, anfangs reichen gerefftes Großsegel und Fock. Später laufen wir unter Vollzeug am Wind Richtung Lofoten. 

Ein paar Stunden später erkennt man weiße Schneeflecken am Horizont. Dier Sonne schafft es ab und zu kurz die Wolkendecke zu durchbrechen.

Und etwas später dann Berge voraus, mit Flecken blauen Himmels, vor uns erscheint das wunderschöne Panorama der Lofoten. Wir rauschen dem Ort Reine mit 7 kn Fahrt entgegen.

Und jetzt liegen wir hier mitten in der Postkarten-Idylle. Glücklich und zufrieden nach dem ersten Segeltag der vierten Etappe. Und der Wetterbericht verspricht gutes Wetter und keinen Starkwind für die nächsten Tage. Vielleicht kommt der Sommer jetzt doch nach Norwegen.

Text: Uli

Sonne pur

Mittwoch, den 7.6.2023 konnten wir erst spät in Lovund losfahren. Erstmal mussten wir den großen Wind mit stürmischen Böen abwarten, die uns am Auslaufen hinderten. 

Lovund hat sich unter anderem auch einen Namen als eine der größten Papageientaucher Kolonien gemacht. Es ist ein kleiner Ort am Rande eines riesengroßen Bergs, der wie aus dem Nichts aus dem Meer ragt. Nach dem Anlegen und Festmachen des Bootes machten wir uns auf zu einem Spaziergang durch den Ort und auf die Suche nach den Papageientauchern. Der Abend war günstig, das Meer sehr ruhig und so konnten wir Papageientaucher beim Anfliegen in Ihre Nester beobachten.

Gegen 11.30 Uhr hatte der stark böige Wind nachgelassen und wir konnten uns endlich auf den langen Weg nach Sørarnøya machen. Wir wussten, der Weg wird lang, wir rechneten mit 10-12 Stunden Fahrt. Aber auf der Fahrt sollte es ein Highlight geben: wir würden den Polarkreis überqueren. Gegen 14 Uhr krabbelte Uli in den Untergrund des Bootes, holte den Rum raus und wir stießen auf die Überquerung des Polarkreises an. Für jeden von uns ein Glas und für Rasmus, den Gott des Meeres auch.

Endlich, nach 12 Stunden Segelfahrt und 65 Seemeilen liefen wir in Sørarnøya ein. Der Ort war nett, weit und breit zwar keine Spur eines Hafen-Hauses oder Hafen-WCs, aber wir legten an, packten das Bier aus und schauten uns noch bis 2 Uhr nachts die wunderschönen Bilder von Ulis erster Grönlandreise an.

Am nächsten Morgen ein ungewohnter Anblick: Sonnenstrahlen in der Koje und blauer Himmel.

Wir gönnen uns ein ausführliches Frühstück und machen uns nach Landgang auf den Weg. Die letzten Seemeilen bis Bodø kreuzen wir, nach zwei Wochen Training sitzen die Manöver.

Hier in Bodø liegen wir am Außensteg und sind eigentlich ganz froh darüber. Etwas Abstand zur Stadt tut gut. Es gibt frische Rekker mit Aioli und Fisch vom Kutter. Selbst Fisch fangen hat leider nicht geklappt. 

Text: Margret

Hjartøya und die Seven Sisters

Der Morgen beginnt mit einigen zarten Sonnenstrahlen, wenn auch von etwas Regen unterbrochen. Wir haben in Brønnøysundet übernachtet, um unsere Vorräte aufzufüllen.

Nachdem der Einkauf verstaut war und wir uns erfolgreich rückwärts vom Dock gezogen hatten ging es ziemlich flott los. Unser junger Mann, Anton am Steuer, hat uns schnell ins offene Wasser gefahren und mit durchschnittlich 6 Knoten haben wir gute Fahrt gemacht. Als sich die Sonne dann wirklich durch die Wolken gekämpft hatte, konnten wir es kaum glauben. Nach Tagen von grau in grau mussten wir uns erst einmal an die neue Helligkeit und große Farben Vielfalt gewöhnen. Wie verschlafene Grottenmolche blinzelten wir in die Sonne. 

Nach 6 Stunden kam der erste große Berg, der Dønna’s Dønmannen (Donna’s Mann) in Sicht.  Die Meinungen wie hoch dieser sei gingen weit auseinander.  Von 400 m bis 950m. In der Tat ist er 868 m hoch. So hatte das Elke-Helga-Team (von mir am besten Helka genannt, da ich die Namen der Beiden andauernd und immer noch verwechsle) die Wette um ein Tafel Schokolade gewonnen. Um so weiter wir nach Norden im Alstenfjord fuhren um so mehr kamen die Syv Søstre (Sieben Schwestern) in Sicht. Ihre Gipfel zum Teil noch von Wolken verhangen zeigten sie sich zunehmend mehr.  Wie die Knöchel einer zur Faust geballten Hand liegen die Sieben Schwester wie aufgereiht nebeneinander.  Zwischen jedem Berg ein Tal. Die Gipfel der ersten fünf Schwerstern zeigten sich zeitweise, während die letzten zwei sich beharrlich in dichte Wolken hüllten.  

Unter Motor fuhren wir in die Hjartøya Bucht ein, die schon bei der Einfahrt wie verzaubert wirkte.  Dort erwartete uns schon die dänische Yacht, auf die wir seit Trondheim (bzw. Südnorwegen) immer wieder treffen. Für manche von uns war das Ankermanöver das erste und bald hingen wir fest in der Kette. 

Jetzt war Landgang angesagt. Mit fünf Personen quetschten wir uns in das kleine Gummiboot, das sich nach dem Aufpumpen durchaus seetauglich anfühlte.  Auf der Insel angekommen schwärmten wir aus und ließen uns noch mehr von dieser besonderen Lokalität verzaubern. Einige von uns haben den Hügel erklommen, andere das Wikingergrab, dass es auf der Insel geben soll gesucht, oder einfach auf einem Stein gesessen und die Aussicht genossen.  

Sicher zurück an Bord schmiss sich Anton, der unseren Altersdurchschnitt deutlich nach unten drückt, ohne Zögern in das 8 Grad kalte Wasser und zog eine Runde um das Boot. Unser „Capiteuse“ hatte derweil schon gekocht und wir konnten uns an den gedeckten Tisch setzen. Als Nachtisch wurde die zuvor gewonnene Schokolade in Windeseile vernichtet und im Anschluss haben wir uns noch unter viel Gelächter beim Räuberrommy ausgenommen. Müde und rundum zufrieden bin ich unter leichtem Schaukeln an der Ankerkette sofort in einen tiefen Schlaf gefallen. Ein weiterer perfekter Tag an Bord der ANUK war vorbei. Leider vergehen die Tage viel zu schnell!

Text: Petra

Villa Fyr

03.06.2023

Nach einem langen Segeltag mit gut 50 sm Strecke schaffen wir es leider nicht vor dem Regen anzulegen. Also werden alle nochmal nass.

Die wenigen Häuser sind noch verlassen. Wir legen an der Holz Gästebrücke an und hoffen auf trockenes Wetter für den nächsten Tag.

Knapp 2 m Tidenhub bedeuten, dass viele Fender und das Fenderbrett im Einsatz sind. Für die Nacht und den nächsten Tag ist wieder reichlich Wind vorhergesagt. Die Crew freut sich aufs Ausschlafen. 

Captain Uli verpflichtet die Crew zum Landgang. Für Krücken ist es leider zu nass und rutschig.

2012 war LUNA schon einmal hier. Ein Ausflug zum historischen Leuchtturm stand damals auch auf dem Programm.  Der Leuchtturm wurde 1839 gebaut und war damals der nördlichste Leuchtturm Norwegens und der einzige nördlich Trondheim. Er wurde anfangs mit einem Kohlefeuer betrieben.

Auf der Insel gibt es durchaus Spuren von Lebewesen. Die Hinterlassenschaften von diversen Schafen wurden aufgefunden sowie auch Schalen von Krebs, Muscheln, Seeigel und ein Schafs-Unterkiefer. Eine Lerche wurde vernommen und eine Bachstelze gesichtet.

Ob hier wirklich menschliche Zweibeiner außer uns auftauchen wage ich zu bezweifeln.

Das Gästebuch in Villa Fyr beinhaltet 24 Einträge im Jahr 2023 vor uns, dann kommen wir. Der Weg zum Leuchtturm und zurück führt an Teichen mit Seerosen, Sumpf, weichem Moos und Granitsteinen vorbei: Wunderschön. Der Tag mit zu viel Wind lässt sich hier ohne Langeweile verbringen. Nach dem Mittagessen können wir noch auf die zwei Berge, zum Strand Müll sammeln oder ganz faul im Boot lesen und in unserer neuen Signal-Gruppe die Fotos des Tages verteilen.

Morgen geht es sehr früh weiter.

Text: alle

Stokksund

Was für ein Glück für mich an diese kompetente, freundliche und nette Frau mit ihrem Super Segelboot gekommen zu sein und hier die dritte Etappe mitmachen zu können. Für mich ist es das erste Mal auf offener See mit einem Segelboot zu segeln und es gefällt mir sehr gut! Leider will die Sonne derzeit noch nicht so richtig scheinen. Die Landschaft ist grandios!

Wir sind aus dem Trondheim Fjord vor zwei Tagen raus und Richtung Norden weiter gesegelt.

Gestern Abend nach einem ersten kleinen unterhaltsamen Tankmanöver haben wir hier in der Kuringsvågen in Stokksund festgemacht und die Nacht verbracht. Der Wind gestern war hervorragend. Die Stimmung hier an Bord ist gut und das Essen bisher – mit 6 Frauen an Bord- auch sehr lecker. Nach dem Frühstück geht’s durch die wunderschöne Schärenlandschaft weiter Richtung Norden – 2.Juni 2023

Text: Margret

Trondheim

Etappe 3

Der Aufenthalt in Trondheim dauert doch länger als geplant. Montag und Dienstag gibt es wieder „gale warning“ und wir entscheiden uns für Warten in Trondheim. Uli nutzt die Zeit für Reparaturen und Wartungsarbeiten. Am Dienstag werden erfolglos alle Chandlerys, die benötigte Ersatzsteuerung für die Ankerwinde hat keiner vorrätig. Also muss die reparierte alte weiter im Einsatz bleiben.

In Trondheim ist eine komplett neue Crew an Bord gekommen. Wir sind wieder zu siebt.

Am ersten Segeltag müssen wir kreuzen, ein gutes Steuertraining für alle Neulinge an Bord. 

Text: Uli

Abflug

28.05.2023

Leicht schlaftrunken sitzen wir am Flughafen beim Kaffee. 5 Uhr hatte uns der Taxifahrer abgeholt. Am Rucksack baumelt der Fender aus der Bucht Ramsvika der Insel Hiserøyna. Der Tag gestern war von Abreisestimmung geprägt: nach und nach verabschiedeten sich die Crewmitglieder. Der Rest der Crew kümmerte sich mit Uli ums Schiff: aufräumen, putzen und die Fahndung nach seltsamen Motorgeräuschen.

Nach unseren Tagen in der Ankerbucht konnten wir den letzten Schlag segeln. 5.05 Uhr lichteten wir den Anker und nahmen Kurs Richtung Sonnenaufgang. Mit raumen Winden haben wir in nur 7,5 h die 50 sm nach Trondheim zurückgelegt. Herrliches Segeln mit der Genua, das Wetter wechselte zwischen Hagel, Regen und Sonne. Viel zu früh machten wir in Trondheim fest, im Bewusstsein uns nun wieder an das Landleben gewöhnen zu müssen. Unseren letzten gemeinsamen Abend schlemmten wir im Lille Skansen. Bei Fisch und Burger ließen wir die Erlebnisse der letzten zwei Wochen nochmal aufleben. Mit viel Gelächter ergänzten wir gegenseitig unsere Erinnerungen an eine phänomenale gemeinsame Zeit auf der Anuk.

Text: Betty

Sturmtief

Der Lagerkoller an Bord der Anuk

Langsam wird es ernst: Der Wein ist fast alle, Schokolade ist aufgegessen. Die Kapitänin behauptet, in den Fächern, die wir nicht öffnen dürfen, seien nur Werkzeug und Ersatzteile. Sie trinkt ja auch keinen Alkohol, solange wir im Sturm in der Ankerbucht liegen.

 Heute Abend muss der Gin, unterm Tisch versteckt, dran glauben. Seit Dienstagabend liegen wir nun in der beschaulichen und regnerischen Ankerbucht, der Versuch, mit dem Tender ans Ufer zu gelangen, scheiterte, da der Außenborder streikte. Immerhin sorgte die Aktion für eine schöne Abwechslung und die Stimmung wurde immer besser. Doppelkopfunwissende wurden in die Tiefen des Spiels eingeweiht. Dieser Tag endete mit einem wunderschönen Filmeabend über vergangene Segeltörns von Astrid und Uli nach Franz-Josef-Land und Island. Die Nacht war ein bisschen unruhig, die Kapitänin wurde durch heftige Böen und kräftige Regenschauer um den Schlaf gebracht und hielt aufgrund dessen lieber Ankerwache. Die restliche Crew schlief selig in ihren Kojen. Der Anker sitzt aber fest und es können Reparaturarbeiten an Bord vorgenommen werden. Einige sitzen um den Tisch im gemütlichen Salon und erzählen, lesen, stricken und trinken Tee. 

Nach dem zweiten Tag vor Anker sitzen wir abends beim Segelquiz. Eine Frage zur Takelung löst Entsetzen bei Holger aus: wir segeln auf einem Kutter? Entdeckung: die Anuk ist mit ihren zwei Vorsegeln kuttergetakelt.

Wider Erwarten war unser Tag recht ereignisreich. Nachdem Mirko und Holger den Benzinfilter am Außenborder ausgetauscht hatten, lief er etwas besser. Also fuhren wir zu viert an Land. Leider warteten wir nicht Ulis Blick aufs Regenradar ab.

In eiskaltem Dauerregen und Sturm stapften wir über weiches Moos und sumpfigen Grund. Rote und gelbe Figuren in der ansonsten eher gedämpft farbigen Landschaft – unser Ölzeug behielten wir gleich an. Klingelnde Schafe nahmen reis aus. Vom nächsten Hügel hatten wir eine etwas getrübte Sicht auf die benachbarten Buchten. Weiße Schaumkämme bedeckten das Wasser in Windrichtung. Der eiskalte Regen verhinderte zwar langes Schauen, aber gab uns eine gesunde Gesichtsfarbe.

Zurück auf der Anuk entdeckte Gerda ihre Angelleidenschaft. Nachdem sie einen Dorsch herausfischte, stand sie noch lange mit der Angel tapfer in den fiesesten Sturmböen während der Rest der Crew im beheizten Salon lümmelte.

Kapitänin Uli befasste sich mit der Bordelektrik, brachte das Radio in Gang und arbeitete sich durch das bunte Kabelknäuel hinter der Schalttafel. Unser Abendessen vegetarisches Labskaus an Salat mit einem Hauch von Fisch fiel recht extravagant aus. Heute Nacht soll der Sturm sich etwas beruhigen. Wir hoffen, morgen früh gegen 5 Uhr Richtung Trondheim auslaufen zu können.

Text: Betty und Gerda

Von Silda nach Bud

Bei alter Dünung schaukeln wir seit 6 Uhr früh an der Küste entlang. Leider ohne die stabilisierende Wirkung des Segels: es ist kaum Wind. Gerade steckt Ekki ihren verschlafenen Kopf aus der Kajüte und beschwert sich, dass die Sonne noch nicht scheint. Und plötzlich schickt die Sonne ihre Strahlen in den hellen Salon der Anuk.

Die letzte Nacht haben wir in Bud gelegen, einer alten Poststation auf dem Weg nach Trondheim. Eine kleine Stadt, idyllisch gelegen an zerklüfteter Küste, von zahlreichen Inselchen umringt. Vom Hügel hinterm Hafen kann man in alle Richtungen die Landschaft überblicken. Und alte Wehranlagen besichtigen. Ein Online Übersetzer hilft uns weiter: Text ist hier ausschließlich auf norwegisch. Selbst hier oben im Norden treffen wir auf die traurigen Spuren des zweiten Weltkriegs. Die stattlichen Holzhäuser in Bud lassen auf Wohlstand schließen. Am Ufer gegenüber liegt eine Chemiefabrik, im Abendlicht hell erleuchtet. Zum Glück hat Uli bei der Wahl des Ankerplatzes auf das Satellitenbild geschaut, sonst wären wir direkt vor der Fabrik gelandet.

Ablegen in Silda vor zwei Tagen: die Vorhersage prognostiziert Wellen von 2-3 m und Starkwind. Wir preparieren uns für die Umrundung des Kaps Statt und den Nordatlantik. Alles wird an Bord fest verstaut, wer sich unsicher fühlt schmeißt noch eine Vomex ein. Leider macht dieses Mittel gegen Seekrankheit auch sehr müde. Also nicht persönlich nehmen, wenn die Gesprächspartnerin mitten im Satz einschläft. Je weiter wir uns dem offenen Atlantik nähern, desto stärker wird der Seegang. Wind aus Südwest schiebt uns mit der Genua durch die Dünung. Das Steuern durch die Wellen macht richtig Spaß, ist aber auch anstrengend. Was uns seit Tagen auffällt: hier scheint es viel weniger Seevögel zu geben, als wir erwartet hätten. Ab und zu sehen wir einzelne Möven oder Sturmvögel. Umso mehr freuen wir uns über einen Basstölpel, und zwei kleine schwarze hektisch flatternde Seevögel, vielleicht Papageientaucher.

Elf Stunden sind wir unterwegs bis wir in Ålesund im Stadthafen festmachen. Zu viert begeben wir uns auf die Pirsch nach einer Bar: ein Anwohner schickt uns in eine dunkle Spelunke. Nachdem sich unsere Augen an die Dunkelheit gewöhnt haben, sind wir begeistert: Wände, Tische und Bänke aus abgewetztem dunklen Holz, überall Fotos von bärtigen Gästen. Bärtige Gäste sitzen auch allein oder in trauter Männerrunde an den Tischen und der Bar. Wie in einem Film von Aki Kaurismäki. Die launige Kellnerin schenkt uns das lokale Bier aus: kühl und prickelnd, aber leicht wie herbe Limo. Als wir die Bar gegen 0 Uhr verlassen empfängt uns die Anuk im Dämmerlicht, eingerahmt von den Lichtern der Stadt.

Vormittags hatten wir noch Zeit in Ålesund. Die wurde zum Einkauf wärmender Unterwäsche (mindestens einem Crewmitglied wurde in der Folge heiß) und zum Erklimmen des sogenannten Zuckerhuts genutzt. Der Zuckerhut ist ein Berg in der Stadt, der eher einem eingedrückten Herrenhut ähnelt. Er kann über Treppen erklommen werden. Die Aussicht soll spektakulär sein, wenn sich nur nicht eine dicke Wolke am Berg festgesetzt hätte.

Im Nebel haben wir abgelegt. Die glatte See hätte im Nebel auch überall sein können. Später nachdem sich der Nebel gelichtet hatte, bot sich uns ein Bodenseepanorama: diesige Sonne, glattes Wasser, hohe Berge, zum Teil schneebedeckt. Gerda schwelgt in Heimatgefühlen. Auch gestern war uns Rasmus leider nicht wohlgesonnen: im Logbuch steht nur „Motor an“ und nach 6 ½ h „Motor aus“.

Text: Betty